Ein Bild entsteht im Kopf, Teil 3

Vielleicht kennt jemand den Moment, wenn man ein Motiv sieht, sich angezogen fühlt oder bemerkt, dass es etwas Besonderes, Einmaliges ist, was man da sieht. Etwas, was man wiedersehen möchte, ohne den Ort, wo man es gefunden oder gesehen hat, noch einmal zu besuchen.

Oder der Moment, wenn man sich vornimmt, etwas zu dokumentieren, z.B. eine Motivserie über schön gestaltete Haustüren, Kneipenschilder, Naturschönheiten, Menschen, Momente.

Allen Momenten und dem Wunsch, ihn abzulichten für die Ewigkeit, geht der Gedanke an das Fotos voran. Was sonst würde uns antreiben? Wenn aber der Gedanke an das Was vor allem anderen steht, dann gibt es auch den Gedanken an das Wie, wie mache ich das Foto. Ich persönlich habe drei Wege, meine Fotos zu machen.

  1. Das Massenausschlussverfahren
    Ich mache so viele Fotos wie möglich, aus allen erdenkbaren Positionen, verschiedenen Bildausschnitten, verschiedenen Belichtungen und Schärfeinstellungen. Aus dieser Masse schließe ich alle Fotos aus, die nicht meinen Vorstellungen entsprechen oder aber technisch nicht gelungen sind. Übrig bleibt hoffentlich das richtige Foto.
  2. Der gezielte Schuss
    Ich nenne diese Herangehensweise deshalb so, weil es in der Regel nicht ausreichend Zeit oder Möglichkeiten gibt, mehr als ein Foto zu machen (z. B. bei Schnappschüssen) oder ich nichts dem Zufall überlassen will. Dabei versuche ich meine Routine im Umgang mit meinem Handwerkszeug auszuspielen und gezielt die idealsten Kameraeinstellungen vorzunehmen. Dem voraus geht der Finger-Sucher-Blick. Was ist das denn? Dies ist ein Relikt aus den Tagen, als Filmmaterial noch teuer war und jedes Foto wohlüberlegt sein wollte. Für den Finger-Sucher-Blick formt man aus den Daumen und Zeigefingern beider Hände ein Rechteck und „scannt“ das Motiv und seine Umgebung  vorab. Gegenüber dem Blick durch den Kamerasucher hat dies den Vorteil, das die Umgebung und die gesamten Lichtverhältnisse Bestandteil der Vorabbetrachtung bleiben.
  3. Der Sucherblick
    Das ist genau das, was am häufigsten gemacht wird, man blickt durch den Sucher der Kamera und nähert sich so dem Motiv.

Welche Methode die beste ist? Das muss jeder für sich selbst entscheiden, bzw. richtet sich nach den technischen Möglichkeiten eines jeden Einzelnen.

Ich bevorzuge trotz aller vorhandenen Möglichkeiten den „gezielten Schuss“, denn in dem ich alle „Parameter“ im Kopf durchgehen muss rostet mein Gehirn nicht ein.

Im nächsten Teil behandele ich den Themenbereich Digital/Analog-Fotografie unter den Aspekten der in diesem Artikel genannten Methoden.

Ein Bild entsteht im Kopf, Teil 2

Nach meinen ersten Erfahrungen mit der Kleinbildfotografie wurden bei mir Begehrlichkeiten nach einer anderen Kamera geweckt. Und nach einem unerwarteten Geldsegen kaufte ich mir 1982 meine erste Kleinbild-Spiegelreflexkamera. Es war ein brandneues Modell aus dem Hause Yashica, eine „FX-D Quartz“ mit Standard 50mm-Objektiv 2,0, auch Yashica.

Yashica FX-D Quartz

Das war für mich ein Quantensprung, denn nun hatte ich plötzlich eine Kamera mit Zeitautomatik (d.h. man stellt die Blende und die Schärfe manuell ein, die Belichtungszeit liefert die Kamera), Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher (mit Systemblitz) und einer sagenhaften Blitzsynchronzeit von 1/125 Sekunde. Das war bis dato in dieser Preisklasse nicht zu bekommen. Die Kamera kostete damals rund 400,00 DM. Andere Hersteller arbeiteten noch mit einer Blitzsynchronisierung von 1/60 Sekunde, höchstens 1/100 Sekunde.

Ein sehr schönes Modell, robust, einfach zu bedienen mit einer sehr guten Optik, die damals von Carl Zeiss in Oberkochen in Lizenz gebaut wurde. Der große Bruder von Yashica war die Fa. Contax, deren Kameras  standardmässig mit Zeiss-Objektiven ausgestattet waren, beide mit dem gleichen Bajonettsystem zur Verbindung der Kamera (auch Body genannt) mit dem Objektiv.

Ich baute meine Ausrüstung nach und nach aus mit

  • 28 mm Weitwinkelobjektiv
  • 135 mm Teleobjektiv
  • 300 mm Superteleobjektiv
  • 2-fach-Konverter, damit wurde das 300er Tele zum 600er Tele
  • Stativ, Taschen, Blitzgerät von Philips und diversem Kleinkram

Etwa zur gleichen Zeit hatte meine künftige Schwägerin Carmen damals eine Minolta SLR XD-7 erworben und ging, zumindest zur der Zeit noch, ähnliche Wege wie ich. Nur ihre Kamera hatte eine Blendenautomatik, d.h. man stellte Zeit und Schärfe manuell ein und die Kamera steuerte die Blende hinzu. Bis heute streiten sich die Gelehrten darüber, welches System denn nun das bessere sei. Das ist aber heutzutage nur etwas für Puristen, denn heute haben alle Kameras Vollautomatik mit automatischer Scharfstellung (Autofokus), mehreren Belichtungsprogrammen und eingebautem Filmtransportmotor, bzw. Verschlussspannung bei Digitalkameras. Aber genug davon.

Das Kernthema nach dieser kurzen, historischen Exkursion ist immer noch die Frage: „Wie und wo entsteht ein Foto?“ Meine Behauptung ist gleichzeitig der Beitragstitel, nämlich „Ein Foto entsteht im Kopf“. Ihr dürft gespannt sein, wie es weitergeht in Teil 3…..