Ein Bild entsteht im Kopf, Teil 4

In den vergangenen Jahren hat die Digital-Fotografie nahezu alle Haushalte erobert. Kameramodelle sind erschwinglich geworden und die neuere Generation von Mobiltelefonen (neudeutsch: Handy) verfügt über eine eingebaute Kamera. Überall und zu jederzeit ist es nun möglich, Schnappschüsse und Momentaufnahmen in technisch akzeptabler Qualität zu machen und (leider) auch unter das Volk zu  bringen. Gleichzeitig sind hochwertige Digitalkameras auf den Markt gekommen, die das gesamte Spektrum an Fotografie, das vorher von den „guten alten“ Spiegelreflexkameras mit Film belegt war abdecken.

Die Preise für Digitalkameras erscheinen uns im Vergleich niedrig zu sein, jedoch hinkt dieser Vergleich. Sucherkameras der alten Generation waren schon für weniger als 100 DM zu haben, für ein entsprechendes Modell mit zugegebenermaßen höherem Leistungsumfang müssen aber heute schon um die 100 EUR auf den Tisch gelegt werden. Im Bereich der Spiegelreflexkameras sieht es genauso aus. Das Gehäuse (auch Body genannt) einer qualitativ hochwertigen Kamera konnte man für 400-500 DM erwerben, und das muss man heute in Euro für eine Digital SLR anlegen. Auch wenn hier sicherlich allgemeine Preissteigerungen eine Rolle spielen, so ist doch der finanzielle Aufwand erheblich gestiegen.

Und so ist es zu erklären, dass viele Fotos, die früher mit guter bis sehr guter Ausrüstung auf Film gebannt wurden, heute mit kleinen und weniger leistungsfähigen Digitalkameras gemacht werden. Als Ersparnis insgesamt sind hier sicherlich die Kosten für Filmmaterial und Entwicklung anzusehen. Aber mit der schnellen Verfügbarkeit von Digitalbildern ist auch eine Art von Beliebigkeit entstanden, bei der es weniger auf die Qualität eines Bildes ankommt, sondern auf das Bild als Dokument eines  Zeitpunkts oder Ereignisses. Wir werden auf diesem Wege überschwemmt mit einer unüberschaubaren Masse an sog. 08/15-Fotos ohne technischen und qualitativen Anspruch. Diese Kritik ist natürlich höchst subjektiv und bestimmt nicht jeder teilt diese Auffassung.

Was bedeutet das alles aber für das Bild selbst? Was ist mit meinen 3 Methoden zur Bildgestaltung? Hat sich das nun erledigt? Bin ich ein Dinosaurier, der sich weigert, technischen Fortschritt anzuerkennen und Digitalkameras als „Teufelswerk“ brandmarkt oder gar zum Boykott aufruft?

Keineswegs. Jede Entwicklung hat beide Seiten in sich: positive wie negative. Die Kunst besteht darin, das jeweils Beste für sich herauszuarbeiten und sich dabei des am geeignetsten Mediums zu bedienen.  Ich besitze natürlich auch eine Digitalkamera.

Meine Digitalkamera - eine Medion MD 6000

Ich konnte mich jedoch noch nie mit den Scheckkartenformatigen Kameras anfreunden und für meine Arbeit brauche ich nun einmal einen optischen Sucher, der dynamisch Zoomfaktoren etc. darstellt. Ich entschied mich daher 2000 für  eine aus heutiger Sicht monströse Kamera, die ich künftig Digicam nennen werde.

So ist mein Weg zum Bild, wie so oft, nicht gradlinig, sondern situationsabhängig. Immer noch entsteht für mich das Bild im Kopf, und nur der spätere Verwendungszweck bestimmt das von mir eingesetzte Medium.

Wenn ich also für mich selbst oder eine Dokumentation eine Fotoserie herstelle, bei der Unterschiede z.B. im Lichteinfall während der einzelnen Jahreszeiten aufgezeigt werden sollen, greife ich zu meiner semi-professionellen analogen Kamera. Ich gestalte die Bilder im Kopf und setze bei der Umsetzung dieser Ideen vom Bild eines oder mehrere meiner Verfahren ein. Dann folgt ein Brückenschlag zur Technik, sozusagen State-of-the-art, in dem ich die Bilder nicht wie herkömmlich entwickeln und auf Papier abziehen lasse, sondern als Digitalfotos auf eine Foto-CD brennen lasse. Dann bleiben mir die Vorzüge der Bearbeitungs- möglichkeiten am Computer  erhalten.

Wenn ich für diesen Blog aber Fotos erstelle, die von vornherein für die Verwendung in elektronischen Medien gedacht sind, greife ich zur Digitalkamera. Ich muss zugeben, das eher das Massenausschlussverfahren zum Tragen kommt (Kost ja nix!).

Aber dennoch: In beiden Fällen ändert sich für mich nichts an der Sorgfalt des Ablichtens.

Im nächsten Beitrag zu diesem Thema vergleiche ich die Systeme und den Komfort bei der Arbeit mit und an meinem Bild.