Serienrezensionen: The Pacific , Teil 1-2

Vorwort:

In der Menschheitsgeschichte hat es immer Kriege gegeben und so wird es auch weiter sein.  Seit Beginn der Geschichtsschreibung gab es auf unserem Planeten 14.400 Kriege oder bewaffnete Konflikte mit rund 3,5 Milliarden Toten, was der Hälfte der gesamten Erdbevölkerung des Jahres 2009 entspricht. Dabei sind nur wenige in das Bewusstsein der Öffentlichkeit geraten wie in der jüngsten Zeit der Afghanistan-Konflikt, der Irak-Krieg oder der russisch-georgische Krieg.

Die Gründe für Kriege sollte es in unserer zivilisierten Gesellschaft eigentlich gar nicht geben, denn nach unserem erlernten Verständnis von Frieden und friedlicher Koexistenz sind alle Konflikte auch ohne Krieg beizulegen, zumindest möchten wir das so. Die Wirklichkeit jedoch ist eine andere: Der Krieg an sich ist immer ein probates Mittel zum Erhalt der eigenen Art gewesen und somit auch tief in unserer Evolutionsgeschichte verankert. Gleichzeitig haben Kriege oftmals einfach wirtschaftliche Faktoren. Ob es nun das Interesse an Rohstoffen, Edelmetallen oder schlicht die Fruchtbarkeit der Landschaft sei;  Zur Mehrung und Sicherung des eigenen Wohlstandes hat der Mensch auch den Krieg als Form der Durchsetzung dieser Interessen genutzt.  Den Krieg zu verleugnen hieße also Bestandteile der Natur des Menschen zu verleugnen. Denn als Erkenntnis aus aller Gewalt und jeder Eskalation im Zusammenhang mit der Wahrung der eigenen Interessen kann nur gelten, was Verhaltensforscher bereits seit langem wissen: Der Mensch ist das gefährlichste und unberechenbarste Raubtier auf unserem Planeten. Ihn unterscheidet vom reinen Tier-Sein nur seine Vernunftbegabung und sein lernfähiger Intellekt.

Die folgende Zusammenfassung eines Kriegsdramas aus dem Zweiten Weltkrieg stellt keine Verherrlichung des Krieges und seine Eignung, jenseits der Diplomatie (Zitat von Clausewitz:“ Der Krieg ist die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln“) zu seinem vermeintlichen Recht zu kommen, dar. Vielmehr beschreibt die Rezension exemplarisch die  Umstände, unter denen Kriege stattfinden, wie Menschen auf diese elementare Bedrohung zu reagieren in der Lage waren und sind und welchen Preis sie dafür zu zahlen haben.

In der Serie wird bestätigt, was der Verhaltensforscher Konrad Lorenz in seinem Staubecken-Modell beschrieben hat: Er konstatierte, dass sich Aggressionen im Körper anstauen, das Staubecken irgendwann überläuft und der Mensch dann auch ohne nachvollziehbaren äußeren Anlass aggressiv wird. Was aber geschieht, wenn der Mensch einen begründeten Anlaß für seine Aggressionen hat?

Bevor die Rezension mit Teil 1 und 2 beginnt, distanziere ich mich ausdrücklich von jeglicher Gewalt oder kriegerischen Handlung gleich welcher Art.

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The Pacific ist eine US-amerikanische Miniserie, die das Schicksal und die Erlebnisse mehrerer US-Marines während des Pazifik-Feldzuges von 1941-1945 nacherzählt. Die Serie besteht aus 10 Folgen und war bisher nur als englischsprachige DVD erhältlich. Die deutsche Fassung ist erstmalig gerade im Privatfernsehen (Kabel 1) ausgestrahlt worden.

Verantwortlich für die Serie ist das Produzentenduo Steven Spielberg/Tom Hanks, das bereits in dem Spielfilm „Der Soldat James Ryan“ und der mehrfach preisgekrönten  Miniserie, „Band of Brothers“ ihre erfolgreiche Zusammenarbeit unter Beweis gestellt hat.

Wie in „Band of Brothers“ ist „The Pacific“ mit in Deutschland weitgehend unbekannten Schauspielern besetzt, die eine erstaunliche Ähnlichkeit mit den historischen Protagonisten aufweisen. Die Erzählungen, Berichte und Tagebücher von Robert Leckie, Eugene Sledge sowie John Basilone dienten als Grundlage für den Inhalt der Serie.

Zum Inhalt:

Teil 1 – Guadalcanal

Der Angriff der kaiserlich-japanischen Armee auf den Pazifikstützpunkt Pearl Harbour im Dezember 1941 trifft die amerikanische Nation bis tief ins Mark. Das Land, das im Selbstverständnis auf Fair-Play bei der Lösung seiner Konflikte setzt, sieht sich einem feigen, unangekündigten und brutalen Angriff ohne Rücksicht auf Menschenleben, gleich welchem Status, ausgesetzt. Die Antwort auf den Angriff ist die Mobilisierung der Pazifikflotte und damit verbunden ein beispielloser Feldzug gegen das Weltmachstreben Japans.

John Basilone, Amerikaner mit italienischen Wurzeln, Robert Leckie, Sportjournalist und späterer Autor sowie Eugene Sledge, ebenfalls späterer Autor und viele andere junge Amerikaner melden sich freiwillig zum US-Marine-Corps, um, wie Leckie es formuliert, „ihren Beitrag zu leisten“.

Lewis B. „Chesty“ Puller, damaliger Kommandeur des 1.US-Marineinfanteriedivision, schwört seine Unteroffiziere auf ihre Aufgabe im Kampf gegen Japan ein und bereits jetzt wird deutlich, das man es im japanischen Kaiserreich mit einem äußerst gefährlichen Feind zu tun bekommt. (Zitat: Sie werden an kleinsten Orten, von denen Sie bisher nicht einmal wussten, das es sie überhaupt gibt, gegen einen Feind kämpfen, der dabei ist, die halbe Welt zu erobern.). Den mit den Erstangriffswellen betrauten US-Marines, die als die Eliteeinheiten schlechthin gelten, wird klar gemacht, zu welcher Größe Japan bereits angewachsen ist.

Nach einem Abstecher in die Heimatorte während der Weihnachtstage 1941 nehmen die Truppen um „Chesty“ Puller Abschied von ihren Familien. Im August 1942 erreichen die Marines dann die Salomoninseln im südlichen Pazifik und werden nach vorbereitenden Angriffen von  Schiffsartillerie und Luftschlägen zum ersten Mal ausgeschifft. Sie landen auf der Insel Guadalcanal, später auch als „Hölle im Pazifik“ bekannt. Hier werden die Marines zum ersten Mal direkt mit der japanischen Armee konfrontiert. Mit Fassungslosigkeit erleben die Marines die Bedingungslosigkeit, den Kampfeswillen und die Brutalität der kaiserlichen Truppen. Niemand hatte sie darauf vorbereitet, mit welchem Fanatismus der japanische Soldat unter Missachtung jeglicher Menschlichkeit um jeden Baum, jedes Gestrüpp, jedes Erdloch und jeden Quadratmeter Boden kämpft. Am Ende des ersten Tages der Schlacht ist der Strand übersäht mit gefallenen Japanern, der Angriff zurückgeschlagen. Das Verhalten einiger Marines danach ist zynisch und unangemessen und somit durchaus zu verurteilen. In der Schlüsselszene des ersten Teils, bei der ein einzelner japanischer Soldat Ziel dieser Männer wird, beginnt bereits Prozess der Entmenschlichung:

„Sie nahmen ihnen nicht nur ihr Leben, sondern auch ihre Menschlichkeit“

Teil 2 – Basilone

Im zweiten Teil der Schlacht um Guadalcanal fordert der Krieg auch auf amerikanischer Seite viele Opfer. Ohne John Basilone, der hier über sich selbst hinauswächst und seinen Regimentskameraden als Ansporn und Vorbild dient, wäre die erste Militäraktion der 1. US Marines auf „Canal“ (umgangssprachlicher Name der  Insel) wohl gescheitert. Unterversorgt, in der Minderzahl gegen einen schier übermächtigen Feind, der das umkämpfte Flugfeld Hanneken Fields unter allen Umständen zurückerobern will, liegt die Truppe unter Dauerfeuer. Angriffswelle auf Angriffswelle der Japaner branden an die Stellungen der Marines im undurchdringlichen Dschungel der Insel.  Zurückschlagen und niederkämpfen, bis hin zum Kampf  Mann-gegen-Mann lautet die Devise. John Basilones Instinkt und Überlebenswille treiben ihn dazu,  sich letztlich der Kampftechnik des Feindes zu bedienen und genauso wie er jegliche Gefahr für Leib und Leben zu ignorieren.

Die Marines halten dem Druck des Feindes stand und überstehen alle Angriffe. Die Reaktion  auf die permanente Unterversorgung der Männer durch eine desaströse Nachschub-Administration sind Plünderungen und ein reger Tauschhandel mit gestohlenen Armeegütern.  Zum ersten Mal treten dabei auch Konflikte zwischen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften auf und erste Standesdünkel kommen zum Vorschein.

Am Ende der Kämpfe sind die Truppen ausgebrannt und demoralisiert, immer noch schlecht versorgt und eine situationsbedingte Verrohung setzt ein. Die Ablösung der Marines durch „normale“ Armeeeinheiten mit ihren sauberen Uniformen und gut gefüllten Proviantsäcken erscheint den Männern wie ein Witz und zumindest in diesem Punkt wachsen Individualisten der Elitetruppe zu einer Einheit zusammen.

In der Heimat will Eugene  Sledge unbedingt zu den Marines, bei denen schon sein bester Freund Sidney im Einsatz ist. Sein Vater, als Arzt und Veteran wohl vertraut mit den Schrecken des Krieges, versucht dies zu verhindern. Er untersucht seinen Sohn Eugene regelmäßig und stellt Herzgeräusche fest, die einen Kampfeinsatz unmöglich machen. Eugene vetraut seinem Vater und fiebert neuen Nachrichten vom Pazifik-Schauplatz  regelrecht entgegen. Eigentlich ist Eugene ein verträumter Idealist und Bücherwurm, aber dieser Krieg lässt ihn nicht in Ruhe.

„Der Krieg verschont niemanden, auch den Unschuldigsten nicht“

Zwischenfazit:

Teil 2 ist eine düstere, nervenraubende Aneinanderreihung von teilweise ausufernden Kampfszenen, allerdings ohne jegliches sonst so gern bemühtes Pathos oder Glorifizierung.

Zu diesem Zeitpunkt kann die Serie noch nicht überzeugen,  gerade die o.g. Kampfszenen wirken ermüdend und eine Identifizierung mit den Charakteren fällt noch schwer. Allerdings ahnt der Zuseher, das dies erst der Anfang war und ihn noch ganz andere Herausforderungen als  Zuseher erwarten. Gerade der Realismus der konsequenten Handkameraführung, erstmalig im „Soldaten James Ryan“ eingesetzt, fordert den Zuschauer permanent und stellt seine Abstraktionsfähigkeit von Gewalt in verschiedenster Form auf die Probe.

Bis jetzt ist „The Pacific“ trotz Anfangskritik keine Serie, die man im Vorbeigehen schaut. Wer sich auf den Stoff und den Drehstil einlässt wird tief berührt. Größter Störfaktor ist und bleibt allerdings die allgegenwärtige Werbung in Form von Pop-Ups, Werbeblöcken und Programmhinweisen. Allein deshalb sollte man mit dem Anschauen warten, bis die DVD-Version auf deutsch erscheint oder zur englischsprachigen DVD greifen. Die Deutsche Fassung wird Ende November auf den Markt kommen, dann als Metallbox wie schon bei „Band of Brothers“ und für ca. 50 €.

Weiter mit Teil 3 – Melbourne

Neue Kategorie „Serienrezensionen“

Ab heute gibt es eine neue Kategorie in meiner Mediathek. „Serienrezensionen“ beinhaltet Reviews von TV-Serien, DVD-Serien oder Reihen von Filmen mit gleichem Hauptthema. Die Kategorie wurde erforderlich, um mein erstes Mammut-Projekt aufzunehmen: Ab morgen werden mehrere Artikel zur TV-Miniserie „The Pacific“ veröffentlicht. Das Projekt läuft seit Serienbeginn im Juli 2010 und endet mit Ausstrahlung der 10. und letzten Folge in der vergangenen Woche. Als Nebenthema zur Beschreibung habe ich mehrere Anmerkungen und Exkurse zum Thema „Mensch und Krieg“ eingearbeitet. Ab morgen könnt Ihr also den ersten Artikel lesen.