Ein Bild entsteht im Kopf – Grundlagen 2

Eine weiteres grundlegendes Gestaltungselement bei der Entstehung eines Bildes ist

Farbe

Man unterscheidet bei Bildern zwischen einem monochromen (einfarbigen) und polychromen (mehrfarbigen) Aufbau. Monochrome Bilder, z.B. Schwarz-Weiss-Aufnahmen oder einfarbig getönte Bildern (z.B. der sog. Sepia-Farbton, den man bei alten Fotografien oft vorfindet) leben fast ausschließlich vom Motiv und der Aussage des Motivs.

Monochrome Aufnahmen

Obwohl der S/W-Effekt oder eine Sepia-Tönung durchaus als ein gestalterisches Element verwendet werden kann, widerspricht diese Gestaltung den Sehgewohnheiten und der Farbempfindung eines Betrachters. Denn der Mensch sieht farbig und es gibt sogar farbige und schwarz-weiße Träume, wobei diese Unterscheidung auf den jeweiligen Charakter und dessen Temperament angewendet werden kann. Im wachen Zustand jedoch bestimmt Farbe unsere Sehgewohnheiten. Monochrome Aufnahmen mit z.B. Abstufungen einer einzigen Farbe empfindet unser Sehzentrum als einfarbig.

Der bekanntesten Bereich der monochromen Bildgestaltung ist die Schwarz/Weiß-Fotografie, kurz s/w genannt. Hier wiederum spielt die größte Rolle heute zweifelsohne die künstlerische Fotografie, speziell Portraitfotografie und die dokumentarische und wissenschaftliche Fotografie (z.B. Kriegsberichterstattung, Astrofotografie). Gerade im dokumentarischen Bereich wird gerne s/w-Material verwendet. Dies liegt zum großen Teil auch an der Unkompliziertheit und Universalität des Materials in Extremsituationen und stark wechselnden Lichtverhältnissen sowie der einfachen Herstellung und Verbreitung. Fast jedes Fotolabor, inkl. der Heimlabore können s/w-Fotos entwickeln und vervielfältigen.

Die beiden folgenden Bilder stammen aus unterschiedlichen Epochen. Ein Bild ist von einem professionellen Fotografen in dessen Studio etwa 1960 entstanden, das andere wurde Ende der 80er aufgenommen. Die Standards sind Kamerablick, Brust, bzw. Schulterportrait, Licht und Schatten als Gestaltungselement sowie die Weichzeichnung des Motivs.

Brust-/Schulterportrait 1960
Brust-/Schulterportrait 1960
Schulterportrait 1989

Polychrome Aufnahmen

Es gibt nahezu keinen Bereich, in dem nicht mit polychromen Bildern gearbeitet wird. Auch hier hat die Digitaltechnik ihren Einzug gehalten und eine Vielzahl von Grafik- und Bildbearbeitungsprogrammen ermöglichen es dem Profi wie auch dem Amateur, nachträgliche Bildfehler zu korrigieren und zu verbessern. Die Drucktechnik hat mit der Möglichkeit, Bilder direkt auf Fotopapier auszudrucken, das heimische Fotostudio nahezu komplett gemacht. Natürlich kann man s/w-Aufnahmen auch auf diese Art bearbeiten, aber die Bildquelle ist i.d.R. nicht die digitale Sucherkamera, sondern die analoge oder digitale Spiegelreflexkamera. Wobei wir bei einer weiteren Unterscheidung beider Aufzeichnungsmedien (analoger Film : Speicherchip) gelandet sind.

Bei mehrfarbigen Aufnahmen können sog. Farbakzente eine große Rolle spielen. Und zwar immer dann, wenn z.B. das Motiv monochrom ist und die Einförmigkeit  aufgebrochen werden soll. Das vorliegende Bild demonstriert genau diesen Effekt: monochromes (empfunden einfarbig) Motiv –> polychromer Akzent.

einfarbig (monochrom) empfundenes Bild, mehrfarbiger (polychromer) Akzent

Über weitere polychrome Einsatzbereiche brauche ich hier nichts zu schreiben, denn jeder kennt sie für sich alleine am besten. Egal, mit welcher Kamera und welcher Technik auch immer, polychrome Fotografie ist überall zu finden.

In Teil 3 :  Der Goldene Schnitt

Ein Bild entsteht im Kopf, Teil 3

Vielleicht kennt jemand den Moment, wenn man ein Motiv sieht, sich angezogen fühlt oder bemerkt, dass es etwas Besonderes, Einmaliges ist, was man da sieht. Etwas, was man wiedersehen möchte, ohne den Ort, wo man es gefunden oder gesehen hat, noch einmal zu besuchen.

Oder der Moment, wenn man sich vornimmt, etwas zu dokumentieren, z.B. eine Motivserie über schön gestaltete Haustüren, Kneipenschilder, Naturschönheiten, Menschen, Momente.

Allen Momenten und dem Wunsch, ihn abzulichten für die Ewigkeit, geht der Gedanke an das Fotos voran. Was sonst würde uns antreiben? Wenn aber der Gedanke an das Was vor allem anderen steht, dann gibt es auch den Gedanken an das Wie, wie mache ich das Foto. Ich persönlich habe drei Wege, meine Fotos zu machen.

  1. Das Massenausschlussverfahren
    Ich mache so viele Fotos wie möglich, aus allen erdenkbaren Positionen, verschiedenen Bildausschnitten, verschiedenen Belichtungen und Schärfeinstellungen. Aus dieser Masse schließe ich alle Fotos aus, die nicht meinen Vorstellungen entsprechen oder aber technisch nicht gelungen sind. Übrig bleibt hoffentlich das richtige Foto.
  2. Der gezielte Schuss
    Ich nenne diese Herangehensweise deshalb so, weil es in der Regel nicht ausreichend Zeit oder Möglichkeiten gibt, mehr als ein Foto zu machen (z. B. bei Schnappschüssen) oder ich nichts dem Zufall überlassen will. Dabei versuche ich meine Routine im Umgang mit meinem Handwerkszeug auszuspielen und gezielt die idealsten Kameraeinstellungen vorzunehmen. Dem voraus geht der Finger-Sucher-Blick. Was ist das denn? Dies ist ein Relikt aus den Tagen, als Filmmaterial noch teuer war und jedes Foto wohlüberlegt sein wollte. Für den Finger-Sucher-Blick formt man aus den Daumen und Zeigefingern beider Hände ein Rechteck und „scannt“ das Motiv und seine Umgebung  vorab. Gegenüber dem Blick durch den Kamerasucher hat dies den Vorteil, das die Umgebung und die gesamten Lichtverhältnisse Bestandteil der Vorabbetrachtung bleiben.
  3. Der Sucherblick
    Das ist genau das, was am häufigsten gemacht wird, man blickt durch den Sucher der Kamera und nähert sich so dem Motiv.

Welche Methode die beste ist? Das muss jeder für sich selbst entscheiden, bzw. richtet sich nach den technischen Möglichkeiten eines jeden Einzelnen.

Ich bevorzuge trotz aller vorhandenen Möglichkeiten den „gezielten Schuss“, denn in dem ich alle „Parameter“ im Kopf durchgehen muss rostet mein Gehirn nicht ein.

Im nächsten Teil behandele ich den Themenbereich Digital/Analog-Fotografie unter den Aspekten der in diesem Artikel genannten Methoden.

Ein Bild entsteht im Kopf, Teil 2

Nach meinen ersten Erfahrungen mit der Kleinbildfotografie wurden bei mir Begehrlichkeiten nach einer anderen Kamera geweckt. Und nach einem unerwarteten Geldsegen kaufte ich mir 1982 meine erste Kleinbild-Spiegelreflexkamera. Es war ein brandneues Modell aus dem Hause Yashica, eine „FX-D Quartz“ mit Standard 50mm-Objektiv 2,0, auch Yashica.

Yashica FX-D Quartz

Das war für mich ein Quantensprung, denn nun hatte ich plötzlich eine Kamera mit Zeitautomatik (d.h. man stellt die Blende und die Schärfe manuell ein, die Belichtungszeit liefert die Kamera), Blitzbereitschaftsanzeige im Sucher (mit Systemblitz) und einer sagenhaften Blitzsynchronzeit von 1/125 Sekunde. Das war bis dato in dieser Preisklasse nicht zu bekommen. Die Kamera kostete damals rund 400,00 DM. Andere Hersteller arbeiteten noch mit einer Blitzsynchronisierung von 1/60 Sekunde, höchstens 1/100 Sekunde.

Ein sehr schönes Modell, robust, einfach zu bedienen mit einer sehr guten Optik, die damals von Carl Zeiss in Oberkochen in Lizenz gebaut wurde. Der große Bruder von Yashica war die Fa. Contax, deren Kameras  standardmässig mit Zeiss-Objektiven ausgestattet waren, beide mit dem gleichen Bajonettsystem zur Verbindung der Kamera (auch Body genannt) mit dem Objektiv.

Ich baute meine Ausrüstung nach und nach aus mit

  • 28 mm Weitwinkelobjektiv
  • 135 mm Teleobjektiv
  • 300 mm Superteleobjektiv
  • 2-fach-Konverter, damit wurde das 300er Tele zum 600er Tele
  • Stativ, Taschen, Blitzgerät von Philips und diversem Kleinkram

Etwa zur gleichen Zeit hatte meine künftige Schwägerin Carmen damals eine Minolta SLR XD-7 erworben und ging, zumindest zur der Zeit noch, ähnliche Wege wie ich. Nur ihre Kamera hatte eine Blendenautomatik, d.h. man stellte Zeit und Schärfe manuell ein und die Kamera steuerte die Blende hinzu. Bis heute streiten sich die Gelehrten darüber, welches System denn nun das bessere sei. Das ist aber heutzutage nur etwas für Puristen, denn heute haben alle Kameras Vollautomatik mit automatischer Scharfstellung (Autofokus), mehreren Belichtungsprogrammen und eingebautem Filmtransportmotor, bzw. Verschlussspannung bei Digitalkameras. Aber genug davon.

Das Kernthema nach dieser kurzen, historischen Exkursion ist immer noch die Frage: „Wie und wo entsteht ein Foto?“ Meine Behauptung ist gleichzeitig der Beitragstitel, nämlich „Ein Foto entsteht im Kopf“. Ihr dürft gespannt sein, wie es weitergeht in Teil 3…..